Happy Breathing

Warum das richtige Atmen gesund und glücklich macht

Einschlafprobleme? Nackenschmerzen? Schulterprobleme? Kopfschmerzen? Unbeweglichkeit in der Hüftbeugemuskulatur? Unregelmäßiger Stuhlgang?

Wieso hier das richtige Atmen helfen kann erzählen wir euch jetzt. Wann hast du das letzte Mal ganz bewusst, tief und vollständig ein- und ausgeatmet? Vor 10 Jahren – als du noch nicht so viel „Stress“ im Leben hattest? In unserem Alltag sind wir häufig im STRESS. Dies kann dazu führen, dass wir kürzer und flacher atmen. In diesem Fall wird die Atmung dann in erster Linie von der Atemhilfsmuskulatur übernommen, die sich in Schulter und Nacken wiederfindet. Da diese Muskeln jedoch in erster Linie nicht für diese Aufgabe verantwortlich sein sollten, kann diese dann letztlich zu Verspannungen der jeweiligen Muskulatur führen. Darüber hinaus ist unsere Atmung natürlich auch für die Ausübung der meisten Sportarten äußerst relevant. Man denke hier nur an das Schwimmen oder an das Krafttraining. Sportarten wo sowohl der Atem-Rhythmus als auch die Atmung als Stabilisiator eine entscheidende Rolle inne haben.

Der erwachsene Mensch atmet in der Minute zwischen 12 und 18 Mal. Hochgerechnet wären das ca. 20000 Atemzüge am Tag. 20000 Muskelkontraktionen des. Unseres Atemmuskels – des Zwerchfells. Nun stelle man sich vor, man würdest 20000 Kniebeugen mit schlechter Kniestellung täglich absolvieren. Könnte zu ziemlichen Knieschmerzen führen. Wahrscheinlich wird man die Knieposition anpassen um  sicherer und schmerzfreier zu trainieren. Oder einfach keine 20000 Kniebeugen machen. Ist im Fall des Atmens leider nicht so leicht. Kein Atmen – kein Leben. Punkt! Also atme – und am besten richtig. Leichter gesagt als getan.

Die Kunst der tiefen Atmung – wieder verlernt!

Mit dem Erblicken des Lebenslichtes erfolgt meistens auch der erste tiefe Atemzug. Denn wenn die Lungen gut gefüllt sind, lässt es sich auch sehr gut schreien. Atmen ist uns per se daher schonmal angeboren. Auch die Fähigkeit, langgezogen und gleichmäßig durch die Nase zu atmen beherrschen Babys und Kleinkinder par excellence. Man stelle sich nur das Baby vor, wie es genüsslich stundenlang an Mamas Brust nuckelt und dabei gleichmäßig durch die Nase atmet (Anm. der Redaktion: Hier gibt es durchaus Parallelen zum Didgeridoo Spielen). Warum tut das Baby das? Scheinbar weiß es, dass die tiefe Nasenatmung seine Hals-, Gesichts- und Kiefermuskulatur entspannt. Oder hast du schonmal ein angespannt dreinschauendes Baby beim Stillen gesehen? Zudem erzeugt unsere Nasenatmung höhere Luftströmungswiderstände, welche die Zwerchfellaktivität anregt. Dies wiederum ermöglicht es uns, länger, tiefer und gleichmäßiger zu atmen.

Doch wie jede andere Fähigkeit die uns alleine durch unsere persönliche Evolution gegeben wird (Sitzen, Laufen, Stehen etc.), kann auch das Atmen in der Qualität durchaus unterschiedlich sein. Wie bereits oben erwähnt tragen unsere Alltagsfaktoren im Verlauf unseres Lebens immer mehr dazu bei, dass wir von dieser angeborenen „richtigen“ Atemtechnik in eine sehr flache und kurze Atmung verfallen. Das Problem hierbei ist jedoch, dass dabei dem Körper eine Flucht oder Kampfsituation suggeriert wird. Dies hat zur Folge, dass der Körper deutlich schlechter „herunterreguliert “werden kann und noch dazu Stresshormone ausschüttet. Das kann durchaus hilfreich sein, wenn wir akut einem Säbelzahntiger gegenüberstehen. Aber: 12 Stunden jeden Tag in einer Kampfsituation mit einem Säbelzahntiger – heftige Nummer.

Die Atmung – ANKnopf des Parasymphatikus

Betrachten wir kurz das neurophysiologische Zusammenspiel mit dem Zentralen Nervensystem. Denn: Wie du atmest beeinflusst in erheblichem Maße deine Life Balance. Die Atmung hat eine direkte Auswirkung auf das Spannungsverhältnis unserer Muskulatur, welches mitunter vom vegetativen Nervensystem gesteuert wird und sich im Wechselspiel des sympathischen und parasympathischen Nervensystems ausdrückt. Im Kontext dieses Artikels ist uns das sympathische Nervensystem gar nicht mal so sympathisch, da es in erster Linie dafür verantwortlich ist, uns schleunigst vom Säbelzahntiger in Sicherheit zu bringen. In Leistungssituationen ist dies natürlich durchaus hilfreich. Dafür sind Stresshormone wie Adrenalin, Cortisol und Co. notwendig.

Problem: Wenn diese Hormone durchgängig ausgeschüttet werden, dann mündet das schlimmstenfalls in einem Burn-Out. Menschen, die einen solchen Erregungszustand konserviert haben und kaum noch zur Ruhe finden, werden von Medizinern auch Symphatikotoniker genannt. Hierbei bezieht sich das Wort „Toniker“ auf den Wortstamm Tonus und beschreibt einen erhöhten Grad von Anspannung. Nun kommt unser Parasympathikus ins Spiel. Denn er ist zuständig für Erholung, Entspannung und guten, tiefen Schlaf. Er hat verschiedene „Anschaltknöpfe“ und kann durch Meditation, Ernährung, Massagen etc. Aktiviert werden. Und: In erster Linie durch unseren Atem.

Der Körper als Fasziensystem

Anspannung und Entspannung hat nunmehr also mit unserem zentralnervöse System zu tun. Genauer mit unserem Symphatikus und Parasymphatikus. In der Faszienforschung gibt es den Begriff „Tensegrity“, welcher die Faszien als Spannungsvermittler und Spannungsträger eines ganzheitlichen Systems (unser Körper) betrachten. Der Begriff „tensegrity“ stammt hierbei eigentlich aus der Architekur und setzt sich zusammen aus den Wortteilen „tension“ und „integrity“, was man zu tensional integrity (Spannungsintegrität) zusammenfassen kann. Unsere Faszien sind somit das verbindende Element aller Strukturen des Körpers.

Wenn nun in einem Bereich dieses Systems Spannungen entstehen, kann dies aufgrund der Verbindung all dieser Elemente folgerichtig auch zu Spannungen an anderer Stelle führen. Die moderne Faszienforschung hat herausgefunden, dass Muskelschmerzen oft gar keine Muskelschmerzen sind, sondern eher Faszienschmerzen, die aus übergroßer Spannungsbelastung herrühren. Setzt man nun voraus, dass ein Großteil der Menschen zu einer dysfunktionalen Atmung neigt und das Zwerchfell (als eigentlicher Hauptatemmuskel) großteils durch unsere Hilfsatemmuskulatur (flache Atmung) ersetzt wird, kann dies durchaus Rückschlüsse darauf zulassen, warum es im Körper zu Spannungszuständen kommt, welche sich schließlich an anderer Stelle ausdrücken. Folglich kann eine Spannungsregulation über den Atem das Spannungsverhältnis im ganzen Körper positiv beeinflussen und zu einer Linderung beitragen.

Atem gut alles gut

Gutes Atmen fängt am Morgen mit einem ausgiebigen Gähnen, Räkeln und Strecken an. Oder was denkst du, warum sich alle Tiere nach dem Nappen zunächst genüsslich durchstrecken und lustvoll gähnen? Anschließend achte darauf, dass dein Atem gleichmäßig, langgezogen, raumfüllend und harmonisch im Übergang zwischen der Einatmung und Ausatmung ist. Raumfüllend heißt hierbei, dass du die Luft in alle Atemräume gleichmäßig atmest: Oberbauch, Flanken und Brustraum.

Übungen zur Atempraxis findest du im zweiten Teil von Happy Breathing in Kürze auf unserem Blog.

 

 

Literatur:

  1. Louw et al.: Pain Neuroscience Education. Teaching People About Pain.
  2. Meinart, Patrick; Bayer, Johanna: Mobility. Das große Handbuch mit über 100 Übungen.
  3. Schleip, Robert; Baker, Amanda: Faszien in Sport und Alltag. 
  4. Starret, Kelly; Starett, Juliet; Cordoza, Glen: Sitzen ist das neue Rauchen. Das Trainingsprogramm, um Haltungsschäden vorzubeugen und unsere natürliche Mobilität zurückzugewinnen.
  5. Starret, Kelly; Starett, Juliet; Cordoza, Glen: Werde ein geschmeidiger Leopard. Die sportliche Leistung verbessern, Verletzungen vermeiden und Schmerzen lindern.
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